Karl Heinz Witte

Individualpsychologische Betrachtungen über die Psychodynamik des Hasses und das Elend des guten Willens

Zusammenfassung: Ein Literaturüberblick zeigt, daß in der Psychoanalyse der Haß meistens in die verschiedenen Aggressionstheorien (Sadismus, Ichtrieb, Destruktion, maligner Narzißmus) eingereiht wird. Es gibt aber neuere Ansätze, die den Haß als Abwehr von existentieller Angst oder Ohnmacht sehen und die so der Individualpsychologie näherstehen. Der Autor unterscheidet - ausgehend von Alfred Adlers Konzept des Aggressionstriebes - im Haß eine heiße und eine kalte Phase. Die heiße strebe, im engeren Sinne hassend, nach Kompensation und Rache für eine demütigende Verletzung des Gerechtigkeitsgefühls. In der kalten Phase sei der Haß zur Überlegenheit gelangt und strebe nach Sicherung durch Zynismus und Vernichtung. In den Analyse bedürfe der Haß besonderer Aufmerksamkeit, da er leicht auf andere Affekte (z. B. Wut, Vorwurfshaltung, aggressives Schweigen) verschoben werde oder ganz unbewußt (Lähmung, Langeweile) bleibe. Die aufflammenden Exzesse des Fremdenhasses seien als Folge der gesellschaftlichen Unrechtsverhältnisse und als die „heiße Phase“ des „kalten“ gesellschaftlichen Hasses, als die Schattenseite des öffentlichen Zynismus zu betrachten. Bewußtseinsgeschichtlich spiegele sich darin das Scheitern des abendländischen Vaterideals sowie der Verheißungen der neuzeitlichen Wissenschafts- und Gesellschaftsideologien, letztlich die Demütigung durch den Zerfall des souveränen Subjekts.

„Lieber will der Mensch noch das Nichts wollen,
als nicht wollen“ (Nietzsche 1977, 900).-

Das Thema der diesjährigen Delmenhorster Fortbildungstage „Gewalt in der Gesellschaft“ ist natürlich durch die bedrängende Gewaltentwicklung in unserem Land und in der ganzen Welt provoziert und mehr als gerechtfertigt. Wir haben die wirtschaftlichen, die politischen, soziologischen und sozialpsychologischen Aspekte dieses Phänomens zu studieren. Mit einem psychoanalytischen Klischee könnte man allerdings sagen, das Thema frage nach dem „Ausagieren“. Als analytischer individualpsychologischer Psychotherapeut frage ich nach der Innenseite der Gewalt, dem Erleben, das dem Ausbruch der Gewalt gegen Behinderte und Ausländer vorausgeht, und möglicherweise nach tiefenpsychologischen Motiven der „Aussichten auf den Bürgerkrieg“ (Enzensberger 1993). Die Innenseite der Gewalt ist der Haß. Mir scheint, daß gerade der Haß in letzter Zeit deutlicher in die Öffentlichkeit getreten ist. Vielleicht ist das Neue und Erschreckende nicht so sehr die (quantitative) Zunahme der Gewalt, sondern die neue Qualität, nämlich der offene Ausbruch des Hasses.

·                 Ich stelle zunächst einige Aspekte der psychoanalytischen Theorie des Hasses dar.

·                 Dann will ich eine individualpsychologische Psychodynamik des Hasses vorschlagen.

·                 Anschließend frage ich, ob in der kollektiven Psychodynamik des Hasses ähnliche Spaltungen erkennbar sind wie in der individuellen.

·                 Schließlich möchte ich einige Thesen vorstellen, welche die zutiefst unbewußte historische und anthropologische Dimension des Hasses aufschlagen sollen. In diesem Zusammenhang wird vom Elend des guten Willens und der Konfrontation mit dem Nichts die Rede sein.

Psychodynamik des Hasses in der Psychoanalyse

Wenn man Testpersonen bittet, eine Liste von Gefühlen aufzustellen, die sie kennen, zeigt sich, daß Liebe mit 90 % und Haß mit 82 % der Nennungen an der Spitze der bekannten Gefühle stehen (Marx 1982, 140). Im Alltagserleben sind Liebe und Haß also offenkundig bedeutsam und allgemein bekannt. Aber was „die Leute“ kennen, müssen die Psychologen nicht studieren. In 7 von 11 internationalen Psychologielexika, die ich überprüft habe, fehlt überhaupt ein Eintrag unter dem Stichwort „Haß“. Die emotionspsychologischen Handbücher (Ulich u. Mayring 1992, Mees 1992) geben kurze abgrenzende Definitionen, meistens angelehnt an Lersch (1970). Die Schlagwortregister der deutschsprachigen individualpsychologischen Periodika (Lehmkuhl u. Gröner 1994) enthalten zum Stichwort „Haß“ nur zwei Einträge. - Eine Literaturrecherche bei der Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation an der Universität Trier mit dem Suchtext: „Gewalt und Haß in Abgrenzung von anderen Aggressionphänomenen (Wut, Rache, Neid): allgemeine psychologische und psychoanalytische Konzepte“ brachte 286 Literaturangaben. Davon stammten 242 Titel aus der Psychoanalyse, 53 waren allgemein-psychologische Titel. Die Zusammenfassungen behandelten aber meistens nur die allgemeine Aggressionsproblematik. Das Stichwort „Haß“ fand sich in 82 Abstracts, und zwar in 61 psychoanalytischen und in 18 allgemein-psychologischen Arbeiten.

Innerpsychische Prozesse (Freud, Kernberg)

Das Phänomen des Hasses wird in der älteren psychoanalytischen Literatur nicht scharf von anderen Aggressionsphänomenen wie Wut, Sadismus oder Destruktivität abgetrennt. Freud hatte den Haß zunächst als Verknüpfung eines „Trieb[s] zur Grausamkeit“ mit der Libido (1905; 1975, 75) angesehen, dann (1909a; 1969, 117), übrigens in Auseinandersetzung mit Adlers Aggressionstheorie (1908), lehnt er die Anerkennung eines selbständigen Aggressionstriebes ab und meint, daß „jedem Triebe die Möglichkeit, aggressiv zu werden“ innewohne, später (1915; 1975, 99 - 102) leitete er den Haß ab aus „der uranfänglichen Ablehnung der reizspendenden Außenwelt von seiten des narzißtischen Ichs“, er sei demnach ein Derivat der Icherhaltungstriebe, als solches „ist der Haß älter als die Liebe“ und kann mit den Sexualtrieben in Gegensatz kommen oder diese auch, besonders in Verbindung mit den oral- und analsadistischen Libidoformen, beherrschen. Schließlich (1923; 1975, 310f.) wird der Aggressionstrieb als der nach außen gelenkte Teil des Todestriebes gesehen (während die Icherhaltungstriebe dem Eros zugeschlagen werden). Auch in den Verschränkungen von Liebe und Haß wird nunmehr an der Eigenständigkeit der Destruktion festgehalten. Alle diese Positionen werden in der psychoanalytischen Literatur noch diskutiert. Darüber hinaus sehen die Weiterentwicklungen der Psychoanalyse den Haß jeweils im Rahmen ihrer eigenen Konzepte. Wichtige Anstöße kommen dabei besonders von Melanie Klein (1983¸ s. a. Beland 1993, Raguse-Stauffer 1990), z. B. paranoide Position, projektive Identifizierung, Neid. Die Objektbeziehungstheorie („maligner Narzißmus“: Auchter 1987. 1990, Flapan 1985, Gabbard 1989. 1991, Galdston 1987, Kirmann 1986), die Selbstpsychologie (Birner 1983, Bollas 1984/85, Lipschitz 1986) und die Säuglingsbeobachtung (Lichtenberg 1982, Parens 1993) haben je verschiedene Aspekte zur Analyse des Hasses beigetragen.

Der Beitrag Kernbergs (1991) ist repräsentativ für die moderne Psychoanalyse auch in diesem Feld. Er sieht den Haß als einen komplexen aggressiven Affekt, der im Unterschied zu Ärger und Wut durch eine dauerhafte Stimmungslage und beständige kognitive Aspekte gekennzeichnet ist. „Haß zeigt sich auch so stark im Charakter verankert, daß es zu massiven Rationalisierungen und entsprechenden Verzerrungen der Ich- und Über-Ich-Funktionen kommt“ (255). Wesentliche Züge der Dynamik des Hasses seien der Neid auf das gute Objekt, ferner die Bindung an traumatisierende, sadistische, frustrierende, quälende Objekte, die man vernichten will, die aber zugleich lebensnotwendig gebraucht werden (262).

Dieses böse Objekt scheint das idealisierte „nur gute“ Objekt zerstört zu haben. „Die Zerstörung dieses schlechten Objekts aus Rache soll auf magische Weise das ‘nur gute’ wiederherstellen, führt dabei aber zur Zerstörung der Fähigkeit des Selbst, zu dem Objekt eine Beziehung herzustellen. [...] Der Haß auf die quälende Mutter wird darum ebenfalls umgewandelt in die Identifikation mit der Mutter als einem grausamen, omnipotenten und voller Verachtung zerstörenden Objekt: gleichzeitig setzt eine Suche nach anderen Objekten ein, auf die das angegriffene, entwertete, gequälte und mißhandelte Selbst projiziert werden kann. [...] Als Folge davon mißhandeln diese Patienten andere in sadistischer Weise, weil sie sich selbst von sadistischen Objekten als mißhandelt erleben; unbewußt werden sie zu ihren eigenen verfolgenden Objekten, während sie deren Opfer, das abgespaltene und projizierte Selbst, sadistisch angreifen. Im Grunde können sie es nicht vermeiden, Opfer und Täter zugleich zu sein“ (264).

Diese moderne psychoanalytische Konzeption des Hasses erscheint mir darum wegweisend, weil sie im Rahmen der Objektbeziehungstheorie die solipsistische Kapsel der drei klassischen Trieblehren Freuds sprengt. Doch beziehen sich die Ausführungen Kernbergs nur auf die dyadischen Interaktionen und Introjektionen von Mutter und Kind bzw. Patient und Therapeut. Eine Öffnung auf geschichtliche, sozioökonomische, ideologische oder gar anthropologische Zusammenhänge wird kaum erahnbar. Gleichwohl könnten diese innerpsychischen dynamischen Aspekte im Rahmen einer psychopolitischen oder sozialpädagogischen Analyse fruchtbar gemacht werden. Dazu liegen auch schon Beiträge vor (Ahrbeck 1992, auch Moser 1993).

Projektionsmechanismen

Ein bekanntes psychoanalytisches Konzept, das besonders bei der Diskussion des Fremdenhasses angewendet wird, ist dasjenige der Feindbildprojektion. Besonders Horst Eberhard Richter (u. a. 1993 a/b) hat diesen Mechanismus in der politischen und sozialen Friedensdiskussion bekannt gemacht. Der wesentliche unbewußte Mechanismus, die eigene Aggression abzuwehren, ist hier die Wendung der Aggression nach außen. Die Aggression oder das eigenen Böse oder Fremde wird als ein unerträglicher innerer Spannungszustand betrachtet, dessen Energie nach außen verlegt wird.

1.     Die innere Quelle des Hasses ist primär: Freud und die Freudianer gehen davon aus, daß das Subjekt, empirisch gesprochen: der Säugling, Lust- und Unlustempfindungen, Affekte, primitive Bewußtseins- und Ichzustände zuerst innen im psychischen Apparat (in der Kapsel) empfindet. Der sogenannte Primärnarzißmus spiegelt diesen Hervorgang des Freudschen Menschen aus der für-sich-seienden Subjektivität. Erst mit zunehmender Reife nimmt sich das Kind in seiner Beziehung nach außen wahr (mit der Differenzierung von Selbst und Objekt). Reifung der Ichfunktionen bedeutet hier also eine nachträgliche zunehmend „realitätsgerechte“ Verkehrsregelung zwischen der Innenkapsel und der Außenwelt.

2.     Im Entwicklungsprozeß des Kindes wird andererseits ein Stück Außen, die Vorschriften und Zielsetzungen der Kultur und der Sozialisationsinstanzen, ins Innere verlagert, das Über-Ich. Dieses liefert ein zweites dringendes Erfordernis, eigene Aggression zu verdrängen und von sich fern zu halten. Diese weniger realitätsgerechte, aber doch zweckmäßige Maßnahme ist die Projektion, d. h. die Verlagerung der inneren Aggressionsspannung auf den Feind. Vielleicht stellt man sich die Aggression am besten als eine Art psychisches Gift vor, das ausgespien werden muß.

Abwehr existentieller Bedrohung

Eine andere Sichtweise versteht den Haß als Abwehr oder Kompensation, und sie steht hierin der individualpsychologischen Sichtweise nahe. Allgemein sind die psychoanalytischen Aggressionstheorien in einer Wandlung und teilweise in einer Annäherung an individualpsychologische Konzepte begriffen (dazu Lehmkuhl u. Lehmkuhl 1994). Das gilt z. B. für Parens (1993). Seine „feindselige Destruktivität, die durch exzessive Unlust [vor allem durch die Einwirkung von seiten der Pflegepersonen, K.H.W] aktiviert wird und für die kindliche Wutreaktion paradigmatisch ist“ (107), ist, genauer betrachtet, Haß, wie insbesondere die Erörterungen der Übertragung und Gegenübertragung (111 - 114) zeigen.

„Eine Abfuhr feindseliger Destruktivität ist nicht zwingend. Oft genügt es, die exzessive Unlust, die Voraussetzung ihrer Entstehung ist, zu beseitigen, um ihrer Entladung vorzubeugen“ (111).

Bedeutsam für die Diskussion des Hasses wurde Winnicotts Arbeit „Der Haß in der Gegenübertragung“ (1983), die eine vielfältige Rezeption (Frankfeldt 1990, Frederickson 1990, MacCarthy 1988, Prodgers 1991, Schoenenwolf 1991, Spotnitz 1985. 1989) gefunden hat. Diese Arbeit ist besonders darum wichtig, weil sie den notwendigen Haß der Mutter auf den Säugling (und des Therapeuten auf den Patienten) zum Thema gemacht hat. Dieser Haß entspringe aus der Bedrohung der Mutter durch die rein biologisch bedingten Attacken des Fötus auf die Integrität und die Selbstbestimmungswünsche der Schwangeren und aus der Beeinträchtigung der Mutter durch die primäre physiologische Unintegriertheit des Säuglings. Durch beide sei die Mutter „erbarmungslos“ gefordert. Hier handle es sich auf seiten des Kindes, da kein Zerstörungswille beteiligt sei, noch nicht um Haß, jedoch löse die „erbarmungslose Liebe“ des Kleinkindes in den Bezugspersonen (entsprechend auch im Therapeuten in der Gegenübertragung) „objektiven Haß“ aus.

In seinem Überblicksreferat „Was ist Haß?“ schlägt Reimer Hinrichs (1990) in etwas anderer Terminologie eine Begriffsbestimmung vor, die unserem individualpsychologischen Ansatz nahekommt:

„Nosologisch ist Haß zu verstehen als affektive Triebrepräsentanz mit Objektbezug. Haß entsteht phylogenetisch und ontogenetisch als Reaktionsbereitschaft auf existentielle Angst; insofern ist Haß psychodynamisch primär eine aktive Form der Angstüberwindung. Es besteht nur ein scheinbarer Zusammenhang zwischen Haß und den Phänomenen von Destruktion, Wut, Grausamkeit und Sadismus. Tatsächliche Formen von Haß sind Fanatismus und Krieg. Pathologischer Haß liegt dann vor, wenn entweder der Haß gegen das eigene Selbst gerichtet ist oder wenn kumulative Kränkungen projektiv in den Bereich des Maßlosen hineinverlagert werden, wenn also draußen etwas mit Haß überzogen wird, was eigentlich von innen her bedrängt“ (47).

Jörg Bose (1994) trifft die individualpsychologische Sichtweise exakt, wenn er schreibt:

„Der Haß, der sich des Vorurteils gegenüber Fremden und Ausländern bedient, ist oft eine Umkehrung solcher am eigenen Selbst erlebten Verachtung und erlaubt darüber hinaus die illusionäre Genugtuung, nun selbst zu den gottgleichen Überlegenen zu gehören. Damit kann man das Hassen auch als manische Abwehr eines zur depressiven Verstimmung führenden Minderwertigkeitserlebens ansehen“ (1994, 41).

Haß: die maligne Kompensation eines Unterlegenheitsgefühls (Individualpsychologie)

Phänomenologische Skizze des Hasses

Bevor ich ein individualpsychologisches theoretisches Verständnis des Hasses zu entwerfen versuche, möchte ich an drei Beispielen das Phänomen des Hasses skizzieren und von den beiden verwandten Affekten, Wut und kaltem Vernichtungswillen, abheben.

Wut

Herr W. führt einen Krieg mit seiner Frau. Er kommt aufgebracht in die Stunde und erzählt, wie haarsträubend sie den Sohn verzärtelt und gegen ihn, den Vater, aufhetzt. Er wird sauer, wenn sie dem Gespräch ausweicht, sich hinter ihren Kopfschmerzen versteckt. Er lasse es sich nicht länger gefallen, daß sie ihn bei der geringsten zärtlichen Annäherung abblitzen läßt, weil er schon wieder nur das eine wolle usw. Herr W. handelt also seine Probleme an Frau und Kindern ab, so spürt er in der Stunde zwar die Wut auf seine Frau, aber nicht seine eigene Angst, seine eigenen Schuldgefühle, seine kindliche Verlassenheit. Ebenso hartnäckig wie Herr W. seine Probleme externalisiert, weise ich ihn darauf hin, daß er damit, um sich zu schützen, von seiner eigenen Verzweiflung ablenkt. Eines Tages brüllt er mich an, er lasse sich von mir nicht länger fertig machen, er habe es satt, die Schuld immer bei sich suchen zu müssen, ich wolle nur wie seine Eltern, seine Lehrer und seine Frau, daß er ein braver und angepaßter Duckmäuser bleibe und den ganzen Familienschwindel auch noch ideal finde. Endlich ist sein Problem in der Stunde da und nicht beim Frühstückstisch. Die negative Übertragung, die die Therapie blockiert hat, wird sichtbar. Jetzt können wir analytisch arbeiten. Solche Explosionen können heftig und lautstark sein. Sie können sich auch über einen längeren Therapieabschnitt wiederholen. Das Charakteristische an meiner Gegenübertragung ist, daß solche Attacken mich nicht lähmen, sondern daß ich sie je nach der Situation einfühlsam für die dahinter liegende Not aufnehmen oder auch mit einem Theaterdonner beantworten kann. Fazit: Es handelt sich um Wut, die auf einer Kränkung, einem Mißverständnis, einer Enttäuschung beruht, aber nicht um Haß. Diese Wut haben die Therapeuten gerne. Manche möchten sie herauskitzeln, die Patienten sollen sie so richtig herausschreien und in ein Kissen hineinprügeln. Es ist auch nicht so gefährlich, diese Wut in die Übertragung zu ziehen.

Haß

Nun aber zum Haß. In den abgrenzenden Bemerkungen über die Wut liegen schon einige unterscheidende Kennzeichen. Der Haß löst im Therapeuten Angst oder Lähmung aus, vielleicht auch wiederum Haß, aber nicht Wut und keineswegs Genugtuung. Er entspringt nicht nur aus einer narzißtischen Kränkung oder einer Frustration. Es ist auch nicht ratsam, den Haß zu schüren und zu beleben oder ausagieren zu lassen.

Herr H., ein sehr feminin wirkender Patient, der in der Kindheit von der Mutter sexuell stimuliert worden ist, eröffnet die Stunde unvermittelt mit der Frage, ob ich mit seinem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen und eine Kopie der Strafanzeige haben möchte, die gegen ihn erstattet worden ist. Ich weiß nicht, wovon er spricht, und erfahre erst allmählich, was vorgefallen ist. „Ich hätte sie erwürgt“, sagt er ungerührt. Aber die anderen Kunden in dem Kaufhaus haben ihn zurückgerissen. An der Theke hatte es ein Gedränge gegeben, der Patient meinte, die Frau habe ihn rücksichtslos beiseite gedrängt, er hatte zurückgeschubst. Sie drehte sich um, schaute ihn an, und er ging ihr ohne Zögern an die Gurgel. „Ich hätte sie erwürgt, wenn die Leute mich nicht zurückgehalten hätten.“ Der Hausdetektiv rief die Polizei, und es gab die erwähnte Strafanzeige. Das Erschreckende an diesem Bericht ist, daß der Patient keine Spur von Reue, Entsetzen oder wenigstens Besorgnis zeigt. Er ist subjektiv fest davon überzeugt, daß er im Recht ist, obwohl er weiß, daß er verurteilt würde, wenn die Angegriffene die Anzeige nicht zurückzieht. Seine Stimme wird laut, wenn er sich in den Augenblick der Tat zurückversetzt, aber sie ist nicht lärmend, polternd und unbeherrscht wie die eines Wütenden, sondern giftig, überheblich, auch in der Erregung noch schneidend, eben voller Haß. Der Auslöser des Haßanfalls waren die Augen der jungen Frau: „Sie hat es mit einem Blick genau gesehen“, sind seine Worte. Dieser Blick stellte ihn unvermittelt im Bruchteil einer Sekunde in seiner ganzen Schande bloß und strafte den gedemütigten und entwürdigten Hosenscheißer mit Verachtung. „Das geht zu weit. Wer mir das antut, den bringe ich um.“ Freilich hat der Patient für den Augenblick die Realitätskontrolle verloren. Nicht die junge Frau blickt ihn so vernichtend an, sondern ein folterndes Introjekt, das er in einer kurzzeitigen Übertragungspsychose wahnhaft in der Frau wiederfindet. Insofern ist der Anlaß des Hasses irreal; aber die Quelle des Hasses, die Demütigung in der Kindheit, war real. Im Alter von fünf bis zwölf Jahren hatte sich Herr H. der Demütigung nicht entziehen können. In der Jugendzeit fing er dann an zu spinnen. Er wurde pseudodebil, unmotiviert aggressiv, Schulversager. Die psychiatrische Klinik, in die ihn die Mutter mit 16 Jahren brachte, durchschaute zum Glück das Spiel und sorgte für eine Internatsunterbringung. Mit zahlreichen Finten und Anläufen schloß er sogar zwei Berufsausbildungen ab. Bei allen Entgleisungen blieb er bis zum 30. Lebensjahr in Krisenzeiten immer das Muttersöhnchen, dem man mit dem Familienvermögen aus der Patsche helfen mußte. Wir sehen also auch nach der Kindheit ein Nebeneinander von Demütigungen und Anlässen zur Selbstverachtung, zugleich Verleugnung, scheinbare Grandiosität und eine schlaue Taktik des Durchlavierens. Kein Wunder, daß es Schaden hinterläßt, wenn dieses explosive Gemisch sich einmal in einer Haßorgie entlädt.

Kalter Vernichtungswille

Nach der einen Seite ist der Haß von der Wut abzugrenzen. Wut kann in den Haß eingehen, aber sie ist nicht das beherrschende Konstituens. Mir scheint aber, daß der Haß auch noch nach einer anderen Seite abgegrenzt werden sollte. Der kalte Vernichtungswille ist wenigstens an der Oberfläche kein Haß.

Jeder, der den Film „Schindlers Liste“ gesehen hat, wird zwei Szenen nicht vergessen: Wie drei SS-Schergen einen am Boden liegenden Mann erschießen wollen und mehrmals die Pistolen versagen. Sie unterhalten sich im Konversationston über diese Tücke des Objekts, als ob der Anlasser ihres Wagens kurz streikte, probieren es wieder, geben es lachend auf  und lassen das zitternde Opfer verachtungsvoll liegen. Die andere Szene zeigt den Lagerkommandanten Gött morgens halb angezogen auf dem Balkon. Während seine Geliebte mit dem Frühstück auf ihn wartet, zielt er auf beliebige vorbeihuschende Lagerinsassen und knallt tatsächlich seelenruhig wie zum Frühsport ein paar ab. Da ist keine Spur Haß zu erkennen. Aber dem, der es miterlebt, schießt der Haß hoch, wenn er die Angst und das Entsetzen etwas beruhigen konnte. Mein Haß kommt aus der Identifizierung mit den Opfern, ist der stellvertretende Haß des Geschundenen. Aber die gefühllose technokratische Vertilgung „unwerten“ Lebens ist der Versuch, Herr über das Leben und Leiden zu werden, und je näher die Schlächter diesem Gottähnlichkeitsideal kommen, desto weniger brauchen sie zu hassen. Günther Anders (1985, 16) drückt es so aus:

„Kurz und gut: der Metzger, der Schweine schlachtet, der haßt die Schweine nicht. Denn Schweine verdienen noch nicht einmal, gehaßt zu werden. Und der Metzger braucht sie auch nicht zu hassen. Kann sie vielleicht noch nicht einmal hassen. Und er wünscht es auch gar nicht, sie zu hassen.“

Inwiefern freilich diesem zynischen Überlegenheitswahn unter der Oberfläche doch ein tiefer unbewußter Haß auf die conditio humana zugrunde liegt, wäre noch zu fragen.

Aus diesen Beispielen möchte ich vier Merkmale des Hasses herausheben:

1.       Dem Haß liegt eine Demütigung zugrunde. Menschen, die hassen, sind nicht nur gekränkt oder frustriert, sondern gequält worden.

2.       Der Haß ist nicht nur ein jäh aufflammender Affekt (wie die Wut), sondern ein andauernder, inhaltlich analysierbarer Gefühlskomplex.

3.       Da der Haß sich auf eine externalisierte, objektivierte Quelle der Demütigung richtet, kennt er, solange er besteht, keine Reue oder inneren Skrupel, sondern allenfalls Furcht vor realen selbstschädigenden (evt. strafrechtlichen) Folgen, die der Hassende aber unter Umständen auch in Kauf nimmt.

4.       Der Haß richtet sich grundsätzlich nicht gegen einen Unterlegenen, sondern bekämpft eine Übermacht. (Das ergibt auch eine empirische Untersuchung bei Angehörigen der Bundeswehr: Montada u. Boll 1988.) Er kann allerdings die Übermacht gewinnen. Auch wenn dann das Haßobjekt unterlegen erscheint, wird darin eine unheimliche Bedrohung bekämpft.

Die Unterlegenheits-Überlegenheits-Spirale des Hasses

Adler (1908) hatte seine Abwendung von Freud bekanntlich mit der Proklamation des Aggressionstriebes eingeläutet. Aber anders als bei Freud muß die Aggression für Adler nicht erst nachträglich nach außen gelenkt werden, da sie immer schon seit dem ersten Schrei des Menschen auf die Außenwelt gerichtet ist. „Aggression“ heißt für Adler jene zentrale übergeordnete Kraft, die den Menschen mit der Außenwelt aktiv verbindet und die alle seine Empfangs- und Gestaltungswerkzeuge (Sinnes- und Bewegungsorgane und das ZNS) koordiniert. Die Aggression ist eigentlich der Vorläufer der schöpferischen Kraft, und nicht wie später bei Freud eine Spielart der Destruktion und ein Abkömmling des Todestriebes.

Die wesentliche Richtung der Aggression ist für Adler die Stellungnahme und die Beeinflussung der Mit- und Umwelt. Wenn die Aggression nicht gestaltend ausgreifen kann, wenn sie gar in neurotische Sicherungstendenz umgewandelt wird, ist das eine Hemmung der Aggression. Der Grund für diese Hemmung ist ein Mangel im Subjekt. In einer solchen Situation wird die Aggression z. B. hinter einer anderen Regung versteckt oder gegen das Subjekt zurückgewendet. Adler kennt auch die Projektion der Aggression. Dann wird die Aggression im Subjekt verleugnet, und der Feind erscheint als der ausschließlich Gefährliche. Das hieraus resultierende Gefühl im Subjekt ist die bewußt erlebte Angst. Nicht nur im bewußt erlebten Fremdenhaß, sondern tieferliegend in der Angst vor dem Fremden würden wir demnach mit Adler die projizierte Feindseligkeit vermuten.

Adlers Aggressionstheorie ist in die Lehre von der Organminderwertigkeit bzw. dem Minderwertigkeitsgefühl eingefügt. Allen Verwandlungen der Aggression liegt eine Hemmung zugrunde. Die Schwächung der organischen Grundlage eines Triebbedürfnisses (Organminderwertigkeit), bringt aber durch die Kompensationstendenz eine Stärkung des Aggressionstriebes hervor (Adler 1908; 1973, 56f.). Entscheidend ist hier, daß nach Adler der stärkeren Aggression, also auch dem Haß, eine stärkere „Minderwertigkeit“ zugrunde liegt, also eine organische Schwäche, eine konstitutionelle oder soziale Benachteiligung, sei sie real oder „nur“ empfunden.

Abbildung Spirale des Hasses

Im Gefühl der Zurücksetzung liegt demnach in individualpsychologischer Betrachtung die Wurzel des Hasses. Auf die Demütigung kann der Betroffene mit einer Gegenreaktion aus der Unterlegenheitsposition heraus direkt zum Angriff übergehen, oder er gleicht auf einem anderen Feld, auf dem er überlegen ist, die Zurücksetzung aus und macht so den Angreifer unschädlich. Der Haß ist demnach ein Doppelphänomen. Er hat eine heiße und eine kalte Phase. Im ganzen reagiert er auf eine Unterlegenheit, die als Demütigung empfunden wird. Die Qualität der Demütigung kommt in die Unterlegenheit dadurch, daß diese Zurücksetzung das Gerechtigkeitsgefühl verletzt. Diese Demütigung muß wettgemacht werden, es beginnt die heiße Phase das Hasses als Kompensation. Diese strebt nach Rache, nach Übermacht in der Überlegenheitsposition. Aber keine Überlegenheit ist von Dauer. Sie muß, um die Übermacht zu sichern, nach immer mehr Überlegenheit streben. Sie muß die Konkurrenten schlagen. Die arrogante Überlegenheit der Herrschenden ist an der Oberfläche getrieben von Verachtung, und so scheinbar frei von Haß. In Wahrheit ist der Haß nur in seine „kalte“ Phase eingetreten. Die Spirale des Hasses nimmt ihren Lauf. Der Zyniker demütigt seine Opfer oder, wenn die Bedrohung ihm unheimlich wird, muß er seine Feinde vernichten. Wer nicht vernichtet wird, sondern nur unterlegen ist, reagiert auf die Demütigung mit neuem Haß. Die Spirale geht in eine neue Runde. Die ganze Bewegung kreist um Verletzung und Wiederherstellung des Gefühls der Gerechtigkeit. Die heiße Phase des Hasses ist wohlbekannt. Die andere, die kalte Seite des Hasses ist der Zynismus, in dem der Haß sich eher versteckt hält. Haß und Zynismus bilden miteinander zwei Phasen der Unterlegenheits-Überlegenheits-Spirale. Haß ist die maligne Kompensation des Unterlegenheitskomplexes. Zynismus ist der maligne Überlegenheitskomplex. Dieser Teufelskreis des Hasses kann normal, neurotisch oder psychotisch sein (Adler 1933; 1973, 79-85).

Reaktion des basalen Gerechtigkeitsgefühls

Der Hassende und der Rächer des Unrechts stellen ihre „eigene Destruktivität aber in den Dienst der Wiederherstellung der Gerechtigkeit“ (Sachsse 1990, 56). Haß, Rache, Strafe, Todesurteil, Auslöschung haben, psychoanalytisch betrachtet, gemeinsam, daß sie ihre Stärke und Überlegenheit aus einer aggressiven Einfärbung des Über-Ichs beziehen, das sich gegen das Böse oder Schädliche im Recht fühlt. So könnte man den Haß als ein verunglücktes Über-Ich-Phänomen verstehen, als Erscheinungsform einer Über-Ich-Pathologie.

So betrachtet rückt er tatsächlich in die Nähe der Affekte, die Léon Wurmser einer gründlichen Analyse unterzogen hat, der Scham (1993a) und dem Ressentiment (1993b). Mit dem Ressentiment teilt er die ersten drei der von Wurmser erhobenen fünf „Qualifikationen“: „1) aggressive Wünsche und Gefühle, v. a. Neid, Eifersucht und Rachsucht; 2) diese wurden durch eine wahrgenommene Verletzung der Gerechtigkeit geweckt und setzen die Überzeugung von der Wichtigkeit des Wertes der Fairness voraus; 3) das Gefühl der Machtlosigkeit, der Hilflosigkeit, die in diesen aggressiven Impulsen enthaltenen Ziele, nämlich das Gleichgewicht der Gerechtigkeit wiederherzustellen, erreichen zu können“. Die folgenden Kennzeichen des Ressentiments sind jedoch beim Haß anders ausgeprägt: „4) das Bedürfnis, den Neid und die Rachgier hinter einer Maske der Unschuld zu verstecken, damit die Notwendigkeit der Täuschung und der Lüge, nicht nur anderen, sondern auch ganz besonders sich selbst gegenüber; und 5) die Bereitschaft, den Sinn des erlittenen Unrechts zu verallgemeinern und den Rachewunsch auf andere Gegenstände zu verschieben, wobei beide sich zu einer ganz allgemeinen Stimmung und Haltung ausweiten“ (133). Während das Ressentiment den Schein der Gerechtigkeit, der Moral und des Rechts wahrt, indem es angesichts der erlittenen Ungerechtigkeit die direkte Unterlegenheit durch eine verschobene „ideale, moralische“ Überlegenheit wettmacht, setzt der Haß der erniedrigenden Übermacht in der Tat oder in der Phantasie einen direkten aggressiven Impuls entgegen, er fühlt sich im Recht, auch wenn er die gültigen Rechtsnormen außer Kraft setzt. In beiden Fällen handelt es sich um die Abwehr von Demütigung oder Scham durch die Verkehrung vom Passiven ins Aktive.

Die Scham sieht Wurmser (1993a) als Reaktion auf die Verletzung eines „Idealbildes“: „Schamgefühle werden hervorgerufen, wenn die regressivsten und globalsten Erwartungen des Selbst nicht erfüllt werden“ (135). Und weiter hat Wurmser als Ursprung des Ressentiments, über Nietzsche und Scheler hinausgehend, die Verletzung des Gerechtigkeitsgefühls hervorgehoben. Damit hat er eine Tür geöffnet, welche die Analyse über die i. e. S. psychoanalytische Über-Ich-Problematik hinausführt. Denn die Begriffe und Konstrukte der Über-Ich-Theorie bilden die Phänomene, die wir in diesem Bereich beobachten, nicht mehr sinnvoll ab. Das wird z. B. daran erkennbar, daß man den  Unbegriff der archaischen Über-Ich-Vorläufer (Jacobson 1974) eingeführt hat, und ferner daran, daß das Konzept keine Handhabe bietet, Über-Ich und personales Gewissen sinnvoll abzugrenzen. Vielleicht gibt es nicht nur archaische „Vorläufer“ des Über-Ichs. Vielleicht sind das Selbstgefühl und das Gerechtigkeitsgefühl phänomenologisch (und ontogenetisch?) „frühe“ Grundlagen des personalen Gewissens?

Zur entwicklungspsychologischen Verankerung dieser Überlegungen möchte ich darauf hinweisen, daß die Schamreaktion zu den wahrscheinlich angeborenen mimischen Ausdrucksformen und „diskreten Affekten“ des Kleinkindes gerechnet wird (Stern 1992, 100f.). Zum Gerechtigkeitsgefühl bemerkt Wurmser: „Es ist hier wichtig anzumerken, daß die heutige Frühkindheitsforschung den frühen und autonom entstehenden Charakter des Gerechtigkeits- und Ungerechtigkeitsgefühls betont (Emde, pers. Mitteilung). Seine Bedeutung wird Ende des zweiten Jahres beobachtbar“ (1993c, 490).

Verdeckter Haß in der Therapie

Ich glaube, daß der Haß in unserem bürgerlichen Leben und in den Therapien ein tragisch unterschätztes Phänomen ist. Wahrscheinlich darum, weil der Haß seine Wurzel in der Kindheit hat. Von der „schwarzen Pädagogik“ und der Pseudofamilienliebe wird er im Keim erstickt, da er als Äußerung des Protestes gegen eine Ungerechtigkeit den Sauerteig der Rebellion in sich trägt. Von dieser keimhaften Rebellion bleibt im normal sozialisierten Kind nur das schlechte Gewissen übrig:

„Dieser gewaltsam latent gemachte Instinkt der Freiheit  - wir begriffen es schon -, dieser zurückgedrängte, zurückgetretene, ins Innere eingekerkerte und zuletzt nur an sich selbst noch sich entladende und auslassende Instinkt der Freiheit: das, nur das ist in seinem Anbeginn das schlechte Gewissen“ (Nietzsche 1977, 827).

Wegen der Unterdrückung des Freiheits- und Gerechtigkeitsgefühls ist der genuine Haß mit schweren Schuldgefühlen gegen die Bewußtwerdung abgesichert. Nur in Ausnahmesituationen oder bei abnormer Psychopathologie bricht er offen aus. Im Alltag und in unseren normalen Therapien haben wir es mit verwandten Affekten oder mit abgewandeltem Haß zu tun. Der Analyse in der Übertragung ist der Haß wegen dieser Schuldgefühle dem Therapeuten gegenüber so schwer zugänglich. Da er eigentlich nur in geringem Maße dem Therapeuten gilt, wird der Haß, der dem Gefühl des erlittenen Unrechts entspringt, selbst als ungerecht empfunden. Der Patient will mit dem abgespaltenen Teil seiner Kräfte den Therapeuten vernichten, den er doch andererseits braucht. Daß er ihn braucht, obwohl er ihn vernichten will, ist selbst wieder eine Quelle des Hasses. Das schlechte Gewissen deckelt diese Dynamik zu. Die Hauptgefahr der analytischen Therapie, daß der Therapeut in die Spaltungstendenzen des Patienten verwickelt wird, ist in der Analyse der Haßdynamik besonders naheliegend. Nur selten ist der Haß ein Element jener sanften Übertragungsneurose, die unsere Arbeit fördert. Gelegentlich wird der Haß aber in einer Übertragungspsychose agiert. Und wenn der Psychoanalytiker das erlebt, grämt er sich wahrscheinlich, daß er nichts Besseres gelernt hat. In den meisten Fällen ist das bewußte Erleben aber auf Begleitphänomene des Hasses konzentriert, z. B. Scham, Schuld, Wut; oder der Haß bleibt unter den „überlegenen“ Abwehrformen versteckt, z. B. nörglerischen Beschuldigungen, arroganter Unberührbarkeit, lähmender Ausweglosigkeitsstimmung, intriganten oder ausbeuterischen Beziehungsmustern. Es treten dann langweilige Phasen des Stillstands ein; aber auch manche Phasen hochgestimmter Verbundenheit in einer positiven Übertragungs- und vor allem Gegenübertragungseuphorie können verborgenen Haß perpetuieren.

Wahrscheinlich ist es unmöglich, Patienten mit schwerer Aggressionsproblematik zu therapieren, wenn der Therapeut nicht selbst auch aggressiv ist. Er muß seine eigene Aggression in der Therapiestunde (als Gegenübertragungsgefühl) zunächst einmal wahrnehmen und sie dann deutend und haßlösend in den therapeutischen Dialog bringen. Für mich hat sich das folgende Indiz für verborgenen Haß diagnostisch bewährt: In manchen Stunden kommt es zu einer lähmenden Anspannung, die sich einschleicht oder bei scheinbar harmlosen Berichten wie ein Donnerschlag hereinbricht. Es gehört dazu eine aggressive Stummheit. Das Wort scheint wie abgeschnitten. Kennzeichnend ist, daß in den Gliedern eine Steifheit hochkriecht, zugleich ein Kribbeln, als wollte man aus der Haut fahren. Das wichtigste „Gefühl“ in dieser Situation ist aber meine Gefühllosigkeit. Erst allmählich bemerke ich dann, daß ich innerlich koche, und erst allmählich wird mir immer klarer bewußt: es ist Haß. Es handelt sich um die Haßwellen, die im psychischen Feld zwischen mir und dem Patienten fluktuieren. Wahrscheinlich bestehen in den meisten Therapeuten starke Widerstände gegen die Anerkennung dieses Gefühls, gegen den Patienten Haß zu empfinden. Das widerspricht nämlich völlig den Idealen der Berufsrolle und meistens auch dem persönlichen Lebensstil und habituellen Selbstverständnis des Helfers. Es ist aber für den Patienten unmöglich, seinen eigenen Haß anzuerkennen und zu heilen, wenn der Therapeut nur „der Gute“ ist. Eher ist es eine Entlastung für ihn, zu sehen, daß auch der Therapeut solchen Mißstimmungen ausgeliefert sein kann. Höchst brisant wird die Stimmung, wenn der Patient anerkennen muß, daß sein Haß, sein Neid und sein Vernichtungswille den Therapeuten nicht unverletzt lassen. Aber gerade die mit dieser Erkenntnis aufgewirbelten Affektstürme können die chronische Verleugnung des Hasses und der Scham aufheben, aber auch die tieferliegenden Gefühle des Schmerzes, der Bedürftigkeit und Dankbarkeit beleben, welche das Tor zur Integration des Hasses und zur Vernarbung der Wunde öffnen.

Eine genauere Charakteristik der hassenden Patienten und die Frage nach einer Zuordnung zu bestimmten Diagnosen kann ich hier nicht leisten. Ich denke an einen jungen Mann, der von seiner Mutter im Jähzorn und vom Vater aus Erziehungsprinzipien geschlagen wurde, so sehr, daß diese Prügelszenen heute noch häufig im Traum wiederkehren. Andererseits war seine Tante von seinem kleinen Penis entzückt und konnte diesem beim Waschen die lustvollste Zärtlichkeit angedeihen lassen. Ich denke ferner an eine Frau, die vom Vater im 8. - 14. Lebensjahr zu genitalem und oralem Geschlechtsverkehr verführt wurde und später nach glänzenden Anfangserfolgen in mündlichen Prüfungen stumm blieb und gelegentlich dadurch auffiel, daß sie in Kneipen Männer anmachte und sie dann, wenn diese ihr obszön kamen, mit Karate-Schlägen niederstreckte. Alle Patientinnen und Patienten, an die ich denke, sind in der Kindheit in irgendeiner Weise mißhandelt oder mißbraucht worden.

Haß und Zynismus in der Gesellschaft - eine Frage an die Psychoanalyse

Nach diesen im engeren Sinne psychodynamischen Betrachtungen will ich nun das Haßerleben im sozialen Kontext darstellen, und zwar in dem Bereich, den wir Psychotherapeuten, in unsere Praxis vertieft, gerne meiden, der uns aber - gerade als individualpsychologische Analytiker - durch die Welle der fremdenfeindlichen Gewalt unübersehbar angeht. Ich spreche nicht als Soziologe, also erhebe ich nicht den Anspruch auf eine korrekte Erfassung sozialer Stereotypien, sondern ich spiegle als Psychotherapeut subjektive Erfahrungen und Einstellungen, die mir in Gesprächen mitgeteilt werden, und ich versuche, die psychodynamischen Hypothesen, die ich oben dargelegt habe, auch auf diese Haßphänomene anzuwenden.

Was wirft man den Zigeunern, den Juden, den Türken, den Asylanten, den Ossis oder Wessis vor? Man könnte individualpsychologisch sagen: ihren ins Negative verzerrten Lebensstil. Die Juden gelten als schleimig, unterwürfig, schlau, geldgierig, verschroben. Die Zigeuner sind schmutzige, faule Vagabunden. Sie stehlen sich ihren Lebensunterhalt zusammen. Die Frauen geilen einen auf, aber wehe, man würde mal einen Blick riskieren, dann stechen einen die eifersüchtigen Männer gleich ab. Die Türken eignen sich für primitive Jobs, für die Dreckarbeit, sie hamstern mit ihren Türkenkoffern unser Geld zusammen und schaffen die Sachen in ihren überladenen Kombi- oder Mercedes-Gebrauchtwagen nach Anatolien, wo sie von den Ersparnissen und Renten gut leben können.

In dieser Zusammenstellung sind es negative Eigenschaften, die den Fremden oder Feindgruppen zugeschrieben werden. Sie begründen die Verachtung, die sich in solchen Gruppenvorurteilen ausdrückt, aber nicht den Haß. Ich erinnere daran, daß Haß sich nicht gegen den Unterlegenen richtet, sondern eine demütigende Übermacht bekämpft. Nietzsche sagt: „Man haßt nicht, solange man noch geringschätzt, sondern erst, wenn man gleich oder höher schätzt“ (Jenseits von Gut und Böse). In der Tat gehört zu dem haßvollen Gruppenvorurteil auch eine Bewunderung, ja die Feindschaft gegen das Fremde ist sogar oft mit Selbstkritik verbunden. „Da könnten wir uns eine Scheibe von abschneiden.“ Da wird etwa der „Fanatismus“ bewundert, mit dem die Zeugen Jehovas zu ihrem „Glauben“ stehen - gegenüber unserer laxen Haltung in Überzeugungsfragen. Das türkische Familienregiment kennt wenigstens noch eine Autorität des Vaters. Die Zucht, mit der dort die Mädchen gehalten werden, kann sich sehen lassen - angesichts unserer sittlichen Verwahrlosung. Die Zigeuner sind zwar eine „Landplage“; das kommt aber auch von ihrer ungebrochenen Lebenskraft und Regenerationsfähigkeit. Sie sind eben nicht unterzukriegen; Unkraut verdirbt nicht - dagegen sind wir ja ein aussterbendes Volk. Die Juden ...

Wie gehören diese beiden Seiten des Vorurteils zusammen, einerseits die Verachtung und andererseits die Bewunderung? Gerade in dieser Kombination mischt sich der Haß zusammen, und das geht so: Die Bewunderung sagt: „Der Neid muß denen das lassen; sie haben Erfolg. Und den haben ‘wir’ eben nicht.“ Die Empörung sagt: „Dieses Pack, dieses hergelaufene Gesindel, das Ungeziefer ... ‘Wir’ sind zwar die Besseren; aber doch die Gelackmeierten.“

Hier wird also eine ungerechte Benachteiligung beklagt. Damit spricht sich das Ressentiment aus, das nicht nur mit Wurmser (1993b/c) ein Kern der schweren Neurosen ist, sondern auch konstitutiv für die Stimmung, aus der rechtsradikale Entgleisungen entspringen (Hilgers 1993). Das Ressentiment reicht zur Kompensation der Ungerechtigkeit scheinbar aus, solange sich der gedemütigte Unterlegene für ideell und moralisch überlegen halten kann. Das Ressentiment kann in aktiven Haß umschlagen, wenn der Gegner verwundbar erscheint und wenn die sublimierteren Formen der Kompensation zusammenbrechen. Zu den Bedingungen des Haßausbruchs dürfte aber auch ein aggressives öffentliches Klima gehören, das den Haßimpulsen Erfolg verheißt. Hier muß ich daran erinnern, daß ich den Zynismus als eine kalte Form des Hasses betrachte. Der öffentliche Zynismus der glatten Zungen ist Nahrungsquelle und Ermutigung für die Haßexzesse der heiseren Kehlen.

Wenn ich im Teufelskreis des Hasses gefangen bin, hasse ich den überlegenen Zyniker, der mein Selbstverständnis und vielleicht auch meine Existenz zu vernichten droht. Der Zyniker stellt alle meine ethischen Überzeugungen auf den Kopf. Er entscheidet, daß ethische Maximen nur dazu taugen, die zögernden Skrupulanten einzuschläfern. Er benützt als Schwindel, was mir heilig ist, und nützt seine Skrupellosigkeit dort zu seinem Vorteil aus, wo ich mich aus Gewissensgründen an die Spielregeln halte. Und das Schlimmste ist: Nicht der Zyniker haßt, sondern ich hasse, der ich den Haß verabscheue.

Günther Anders (1985, 11): „Nur unter Ächzen und Stöhnen habe ich es erlernt. Vor nahezu 60 Jahren. Durch die Lektüre von Hitlers ‘Mein Kampf’. Das zu lernen, war notwendig gewesen. Denn wer das Infame nicht haßt, der beweist damit nicht nur Feigheit, der bringt sich damit auch in den Verdacht, mit dem Infamen unter einer Decke zu stecken. Und der stellt eines Morgens ungläubig fest, daß er mit dem Infamen tatsächlich unter einer Decke steckt, als dessen Freund gilt und nicht mehr zurück kann; und der macht sich dadurch selbst verhaßt und wird dann sogar mit Recht gehaßt. Nämlich von denjenigen, auf die es ankommt: die, obwohl sie es hassen, zu hassen, doch hassen.“

Wenn ich instinktiv hasse, und zugleich es hasse, zu hassen, vielleicht öffnet sich in dieser dialektischen Distanzierung ein erster Ausweg aus dem Kreislauf des Hasses?

Nun muß ich einmal kurz einhalten und mich auf die Grundsätze unserer Zunft besinnen. Ich bin ja offenkundig in Sphären abgeglitten, die heute nicht mehr selbstverständlich zum Metier der Psychoanalytiker gehören. Auch analytische Psychotherapeuten verstehen sich ja immer mehr als Agenten des Gesundheitssystems, und die herrschende Wissenschaft will uns vollends zu Therapie-Technokraten machen (kritisch dazu: Heckrath u. Dohmen 1994, Brunner 1994). Analyse der inneren Konflikte, der infantilen Entwicklungsbedürfnisse, Fixierung an das Trauma, Identifikation mit dem Aggressor, Feindbildprojektion, projektive Identifikation, Übertragung und Gegenübertragung - das scheinen die genuinen Themen der Psychoanalyse zu sein. Jeder analytisch arbeitende Therapeut weiß aus eigener Erfahrung, wie unverzichtbar diese Themen sind. Aber wann endlich analysieren wir die sekundären, historisch, ökonomisch und kulturell bedingten Neurotisierungen? Ich fürchte, daß wir uns mit der Infantilisierung unserer Patienten selbst infantilisieren. Wir sind in gesellschaftlichen, sozial- und kulturwissenschaftlichen Fragen nicht nur zahnlos, sondern auch sprachlos geworden. Gibt es Gründe zu „objektivem Haß“ etwa nur im Kinderzimmer (Winnicott 1983) und nicht in der Schule, am Arbeitsplatz, in der Klinik, in der Universität, vor dem Fernseher, im Parlament? Und haben die Zynismen in diesen Lebensbereichen etwa keine tiefenpsychologische und psychoanalytische Relevanz?

Die psychoanalytische Frage ist dann nicht: Warum schlagen die Primitiven und Zukurzgekommenen zu, sondern welcher Abspaltungs- und Kompensationstendenz verdanken wir es, daß wir den öffentlich geförderten Zynismus widerspruchslos unterstützen: das Lügen unserer Volksvertreter, das Auspressen arbeitsloser Schuldner durch unsere Banken, die unmenschliche Massenabrichtung in den Schulen, die Innenweltvergiftung durch die Medien, das Geschäft mit den Mördern durch unsere Industrie zum Nutzen unserer Außenhandelsbilanz? Kennt nicht jeder von uns die himmelschreienden Ungerechtigkeiten? Ich frage: Wie halten wir das aus, ohne dreinzuschlagen oder Brandsätze zu werfen? Haben wir es nicht alle schon miterlebt, wie Kinder von ihren Eltern oder Lehrern, Arbeiter von ihren Kollegen oder Chefs, psychisch Kranke von ihren Mitmenschen fertiggemacht werden? Die beste Nahrung findet der Haß in der pseudoeffizienten Erfolgsideologie:  Werbung, Medien, politische Propaganda und Aufstiegsagenturen, Schulen, Berufsberater, Personalmanager vermitteln den Eindruck: Nur wer sich gut verkauft, kommt weiter; und andererseits sind die Nachrichten voll von Massenentlassungen, Langzeitarbeitslosen, Obdachlosen, Elend und Massakern in den armen Ländern. Den letzten beißen die Hunde, unverdient, aber unvermeidlich. Da kommt einem schon der Haß hoch. Primitive Menschen haben eben primitivere Mittel als die mit gut ausgebildeter Sublimierungsfähigkeit; aber beide können andere kaputt machen, um sich besser zu fühlen.

Diese Zusammenhänge nicht zu sehen und sich nicht ständig vor der Rache der Entrechteten zu fürchten, das geht nur, wenn man die Realität (aus dem Bewußtsein und aus dem Behandlungszimmer) aussperrt, wenn man sein eigenes moralisches Empfinden außer Kraft setzt und darauf vertraut, daß die Mittel der Domestikation der Underdogs weiterhin wirksam sind. Den „primitiven Abwehrmechanismus“ der Spaltung können wir bei Borderline-Patienten überreichlich aufdecken; aber die Pozesse der kollektiven Bewußtseinsspaltung in unserer Gesellschaft werden von den Psychoanalytikern selbst verleugnet und abgespalten. Die Haßexzesse der Skins sind in dieser Sicht Auswirkungen des abgespaltenen Nihilismus der wirtschaftlich und ideologisch Abgesicherten. Die Haßwellen der Primitiven sind die ausgelagerten Zynismen der Feinen. Der unbewußte Haß des Normalbürgers haut mit dem Baseball-Schläger des Brutalos zu. Der Brandsatz des Fremdenhassers ist die  „projektive Identifizierung“ des „Homo-homini-lupus“, der den „Spiegel“ liest und Reich-Ranickys „literarisches Quartett“ amüsant findet. Die Bessergestellten haben das schmutzige Geschäft schon immer von anderen für sich erledigen lassen. Wir leben in einer Gesellschaft von Fertigmachern. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann ich dran bin oder Sie.

Historische und anthropologische Dimension

Der individuelle und der kollektive Haß setzen voraus, daß ein potentiell souveränes und integres Selbst durch die Übermacht eines anderen beherrscht, gehindert, gedemütigt und am Ende vernichtet wird. Historisch begegnet uns die Spirale von Ungerechtigkeit, Haß, Überlegenheit, Zynismus und neuem Haß in den Macht- und Unterdrückungsverhältnissen, in den Familien, der Gesellschaft, der Wirtschaft, der nationalen und internationalen Politik. Ich möchte darüber hinaus den Blick auf ein bewußtseinsgeschichtliches Phänomen lenken, das in verschiedenen Bereichen der modernen Kunst, Philosophie und Psychologie diskutiert wird: die Fragwürdigkeit des autonomen Subjekts und seiner Konstitution durch rationalen Weltbezug, durch Reflexion und durch freie Selbstbestimmung. Könnte es sein, daß ein tiefer Haß auch aus der Entmachtung des neuzeitlichen Ichs entspringt, das sich - paradox - im Rahmen einer bürgerlichen Verfassung als souveräner Monarch verstanden hat? Ich bin mir bewußt, daß ich zu einer solchen Begründung des Hasses im Umfeld einer Subjektkritik nur ein paar Gedankensplitter beitragen kann. (Weiterführend handelt von der „geistigen Revolution“ als Antwort auf den „Weltnotstand“ Hanspeter Padrutt in seinem Vortrag, in diesem Bande.)

Der Haß entspringt bewußtseinsgeschichtlich der Enttäuschung über das Scheitern der Verheißungen der modernen Gesellschafts- und Wissenschaftsideologien und der Empörung über den Schwindel, mit dem die Meinungs- und Staatsführer sich selbst und das Volk betrogen haben (dazu schon Adler, „Die andere Seite“, 1919). Individuell, tiefenpsychologisch und anthropologisch entspringt der Haß der demütigenden Niederlage des neuzeitlichen Ichs. Die narzißtische Kränkung des Ichs durch die Entdeckung der unbewußten Motive (Freud 1916; 1969, 283f.) ist noch längst nicht klar zum Bewußtsein gekommen, geschweige denn verstanden und verwunden. Aber die Zeichen der Zeit stehen auf mehr als auf narzißtischen Kränkungen. Überall blättert die Tünche von dem Denkmal des Persönlichkeitsideals ab. Bislang konnte unsere Zunft ungestraft Diagnostiker wie Friedrich Nietzsche, James Joyce, Robert Musil, Franz Kafka, Gottfried Benn, um nur ein paar unverfängliche Namen zu nennen, psychopathologisch diffamieren oder in das Kulturfach ihres Bücherschranks stellen. Weder die Psychoanalyse noch die Individualpsychologie konnte oder wollte den Bewußtseinswandel der modernen Literatur und Kunst bzw. der postmodernen Philosophie theoretisch rezipieren. Das Ergebnis, individualpsychologisch: das unbewußte Ziel dieser Verweigerung ist die Festigung der autoritären Strukturen in den psychoanalytischen Vereinigungen und vor allem in den „Köpfen“, in den psychischen Strukturen der Einzelnen. Die Identität des Individuums wurde bislang vorwiegend mit den auf ein Persönlichkeitsideal ausgerichteten Ichfunktionen gleichgesetzt. Obwohl Freud diese herrschaftliche Struktur des psychischen Apparates bedroht sah, wollte er sie festigen. Doch sie hat ebenso abgedankt wie die Väter und die Helden in unserem Gesellschaftprozeß. Das gewohnte Menschenbild zerbricht sogar in der Psychologie. Die Ansicht von der dreiteiligen Struktur der Psyche, von Es, Ich und Über-Ich, die ja immer noch Platons dreiteilige Seele (Leidenschaft, Mut und Vernunft) widerspiegelt, verzerrt den Menschen zu einer Marionette, die einmal aus dem Gehirn und ein andermal aus den Gedärmen gesteuert wird. Bald blicken uns wie im Mittelalter wieder Teufelsfratzen an, wenn wir diese Brille nicht ablegen.

Vaterlose Gesellen

Damit spreche ich einen Prozeß an, der gleichzeitig ein kollektives und ein individuelles Gesicht hat. Soziologisch und kulturpsychoanalytisch wurde er unter dem Namen „Vaterlose Gesellschaft“ (Mitscherlich 1992) behandelt. Unter dem Stichwort „Postmoderne“ heißt er „Zerfall des Subjekts“. Ich spreche hier die „vaterlose Gesellschaft“ nicht als soziologischen Tatbestand an, sondern ich meine ein „psychodynamisches“ Phänomen, welches das kollektive Bewußtsein prägen muß. Meine Generation ist damit aufgewachsen und alt geworden, daß unsere Väter „versagt“ haben. Wenn sie nicht überhaupt „im Krieg geblieben“ sind, waren sie entweder Verbrecher oder halbherzige Jasager oder feige Mitläufer oder ohnmächtig „dagegen“ oder idealistisch gebrochene Widerständler oder geschundene Opfer oder schlaue Opportunisten, die letztlich doch ihren Reibach zu machen wußten.

Die oft beklagte Abwesenheit oder das Versagen der Väter (mit Bezug auf die Neue Rechte auch Hilgers 1993) ist für mich keine temporäre, mit gutem Willen kompensierbare Fehlentwicklung. Die „Vaterlosigkeit“ ist vielmehr die symbolische Repräsentation eines grundlegenden Zuges unserer Bewußtseinsgeschichte. Der Vater repräsentiert die Überlieferung, die Ordnung, das Gesetz, den Richterspruch über Gut und Böse. An den Vater galt es sich zu halten. Sogar Gott wurde im Judentum und Christentum zum Vater. (Die feministische Revolte, die an die Stelle des Vatergottes die Muttergöttin setzen will, greift m. E. zu kurz. Die Mütter verdienen in unserer Geschichte bekanntlich auch nicht mehr Orientierungskredit als die Väter, und nur romantische Romane können einem die vorgeschichtlichen Zeiten schmackhaft machen.) Aber wenn wir es genauer betrachten, verkörpern nur wenige kulturstiftende Gestalten unserer Geschichte den (Ideal)Typus des „Vaters“: Buddha, Sokrates, Jesus, Thomas von Aquin, Kant, Mozart, Beethoven, Hegel, Kierkegaard, Nietzsche waren keine „Väter“. (Die Liste ließe sich ergänzen und vor allem mit den „Vätern“ konfrontieren: Die Kirchen- und Wüstenväter, Päpste, Landesväter, Luther, Bach. Wahrscheinlich repräsentierte Freud einen „Vater“, Adler kaum.) Was dieser Befund der kulturgeschichtlichen „Vaterlosigkeit“ für das abendländische Traditionsbewußtsein und für eine Analyse unseres kollektiven und individuellen Über-Ichs bedeutet, ist meines Wissens noch unerforscht. (Einen Ansatz dazu finde ich bei von Braun1985, 38 - 147.)

Seltsam aber, daß gerade die Vatermythen unserer modernen Zunftgenossen und Protagonisten so wenig Nachhall in unseren Psychoanalysen finden: Daß Nietzsches Schrei „Gott ist tot!“ nicht aufgenommen wurde, nimmt nicht wunder, schreibt er doch selbst: „Da dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er [der tolle Mensch] großes Gelächter“ (Nietzsche 1977, 126). Aber bekanntlich setzt auch Freud (1912-13) an den Ursprung der Bewußtseinsgeschichte den Vatermord. Trotz dieser Belehrungen haben wir uns damit noch nicht angefreundet, „vaterlose Gesellen“ zu sein. Offensichtlich sind wir - Freuds These zufolge - immer noch im Stadium des unbewußten Schuldgefühls. Immer noch unterwerfen wir uns demütig - nicht mehr der Diktatur des tyrannischen Vaters ‑, sondern dem Zwang der dreisten Rechthaber, der Tyrannei der Prinzipienreiter, dem Speichel der Schönredner, dem Fanatismus der Pseudoidealisten, dem Zauber der Werbepsychologen, der Korruption unserer Führer.

Einheit der Persönlichkeit oder hierarchische Struktur der Psyche?

Dem Adlerschen Gedanken des Gemeinschaftsgefühls liegt letztlich das Postulat der Einheit des Menschengeschlechts zugrunde. Der neuzeitliche Rationalismus, oft pauschal und irreführend identifiziert mit der Aufklärung oder der Moderne, versuchte den durch Abspaltung rein gehaltenen gehirnlichen Rechenapparat als Gemeinsinn zu verkaufen. Der Universalismus wurde zum Kolonialismus der rationalistischen Megalomanie. Nun schlägt das Prinzip der Ganzheit zurück. Es schlägt uns mit dem Haß und der Rache der Unterdrückten. Ein neues Gespenst geht um in Europa und USA, die Emigration. Vor 50 bis 70 Jahren war die Emigration für manche noch Rettung. Heute signalisiert uns die weltweite Flüchtlingskatastrophe, daß es Emigration nur noch für solche gibt, die sowieso nichts mehr zu verlieren haben. Wir Besitzenden bleiben da schon besser hier und halten uns die Hungerleider vom Leibe. Aber die Ausgesperrten lärmen vor unserer Tür und drängen herein. Sie demonstrieren uns, was - psychopolitisch - „die Rückkehr des Verdrängten“ heißt. Das Prinzip der Ausgrenzung des „Bösen“ gehört unaufhebbar zur abendländischen Kulturtradition. Es ist unbeschadet in die Psychoanalyse eingedrungen, obwohl man sich von der subversiven Tendenz der Erforschung des Unbewußten eine weitergehende Erneuerung hätte versprechen können. In einer Vorlesung in den USA hat Freud (1909b) den Vorgang der Verdrängung am Beispiel eines Mannes erläutert, der seinen Vortrag stört. Dieser wird von ein paar kräftigen Helfern hinausbefördert. Nun „führt er draußen einen unerträglichen Spektakel auf, und sein Schreien und mit Fäusten an die Tür Pochen hemmt meinen Vortrag mehr als früher sein unartiges Benehmen“. Mit Rauswürfen hat ja auch die psychoanalytische Vereinigung für einen störungsfreien Betrieb gesorgt. Die Reintegration jenes Störenfrieds stellt sich Freud im Beispiel so vor: Durch das Einwirken einer „Autorität“, im Beispiel ist es der Veranstaltungsleiter Stanley Hall, wird erreicht, daß „jener sich jetzt besser betragen“ wird, „und nun tritt wieder Ruhe und Frieden ein“. Hier ist deutlich zu sehen, daß man sich die binnenpsychischen Verhältnisse hierarchisch geordnet vorstellen muß. Das Ich Herrn Freuds will den Vortrag halten, der unzufriedene Herr Es rebelliert, wird rausgeworfen und dann durch die kluge Intervention des Herrn Über-Ich Stanley Hall unter der Bedingung der Botmäßigkeit wieder eingelassen. (Mir ist bewußt, daß Freud dieses Strukturmodell erst einige Jahre nach dem zitierten Vortrag entworfen hat. Das Beispiel zeigt aber, daß die hierarchische Struktur schon dem ersten Triebmodell inhärent ist, insofern sie auf der abendländischen Dichotomie von Leib und Seele bzw. Materie und Form beruht.)

Was folgt aus dem hierarchischen Mißverständnis des menschlichen Existierens? Alle Erfahrungen werden nach dem hierarchischen Modell interpretiert. Abweichende, ganzheitliche Erfahrungen werden entweder gar nicht zugelassen, oder sie bekommen das Stigma des Abnormen. Aber vielleicht sind wir an einer Wende, in der die Anomalie überhand gewinnt, wie es Baudrillard (1994) sagt:

„Wir befinden uns nicht mehr in der Anomie, sondern in der Anomalie. [...] Anomisch ist das, was als eine zeitlich begrenzte Ausnahme außerhalb des Gesetzes steht, was man aber mit berechtigter Hoffnung in dieses zurückübersetzen, durch Solidarität auf den rechten Weg zurückbringen kann. Mit der Anomalie dagegen kann man nichts anfangen. Es handelt sich bei ihr nicht um leichte Störungen. Die Anomalie entzieht sich nicht dem Gesetz, sondern der Regel. Das ist etwas Tiefergreifendes“ (18). Für den Haß folgt daraus: „Der Haß ist vielleicht etwas, das übrigbleibt, das jedes bestimmbare Objekt überlebt. [...] Die gegenwärtig ablaufenden Prozesse sind solche des Ablehnens, des Bindungsverlustes, der allergischen Reaktion. Der Haß gehört in dieses Paradigma reaktiver, sich abreagierender Leidenschaft: ich lehne ab, ich will das nicht, ich werde mich nicht in den Konsens fügen. Da gibt es nichts zu verhandeln, da gibt es nichts zu versöhnen“ (16).

Das wollende Ich

Trotz 100 Jahren Psychoanalyse erleben wir unser Ich vorwiegend als bewußtseins- und willensbestimmt. Das heißt: wir identifizieren uns viel mehr mit dem bewußten Willen als mit anderen psychischen Funktionen oder gar mit Vorgängen, die unserer bewußten Steuerung nicht unterliegen. Manche Bilder, Gefühle, Gedanken, Handlungen sind nicht ichsynton; aber vielleicht bestimmen sie unser Selbst viel wesentlicher als unser Ich. „Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser - der heißt Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er. [...] Dein Selbst lacht über dein Ich und seine stolzen Sprünge“ (Nietzsche 1977, 300f.).

Aber was geschieht denn, wenn wir wollen: „Ein Mensch, der will -, befiehlt einem Etwas in sich, das gehorcht oder von dem er glaubt, daß es gehorcht“ (Nietzsche 1977, 582). Die Psychoanalyse beschäftigt sich mit den ungehorsamen, den unbotmäßigen Kräften des Selbst und gibt ihnen ihr Recht. Freud allerdings und noch mehr die institutionalisierte Psychoanalyse haben diese Unterschichts-Elemente des Selbst verraten, wie das zitierte Beispiel zeigt. In dem Satz: „Wo Es war, soll Ich werden. Es ist Kulturarbeit etwa wie die Trockenlegung der Zuydersee“ (Freud 1933; 1969, 516), werden der Verrat des Selbst und die ökologische Usurpation zum Programm. Radikal gedacht, verbirgt sich darin das Bild des Menschen als eines intelligenten Computers, der aus Fleisch und Blut gemacht und mit Affekten ausgestattet ist. Oder anders ausgedrückt. Das wollende Ich ist auch in der Psychoanalyse potentiell der absolute Herrscher seines Lebens (leider durch ein paar Unvollkommenheiten und Widerspenstigkeiten eingeschränkt). „L’effet c’est moi: es begibt sich hier, was sich in jedem gut gebauten und glücklichen Gemeinwesen begibt, daß die regierende Klasse sich mit den Erfolgen des Gemeinwesens identifiziert“ (Nietzsche 1977, 383).

Das Wollen des Ichs wird, wenn es bedroht ist, und es ist immer bedroht, so gewalttätig, wie die Herrschaft der Diktatoren brutal wird, wenn sich ihr Zweifler und Gegner entgegenstellen. Dann trifft der Satz zu, den ich meinem Vortrag vorangestellt habe: „Lieber will der Mensch noch das Nichts wollen, als nicht wollen“ (Nietzsche 1977, 900).-Der Wille zum Nichts ist aber nicht der Haß. Zum Haß gehört die Ohnmacht, die Demütigung angesichts einer erlebten Ungerechtigkeit. Andererseits will aber der Haß den Feind vernichten. Der souveräne Vernichter aber ist überlegen und braucht nicht zu hassen. Wie hängen also Haß und Wille zum Nichts zusammen? Beide sind eine Reaktion auf die Demütigung des souveränen Willens. Der Haß begehrt auf aus der Position des Unterlegenen, des ungerecht Behandelten. Der Überlegene behauptet seine Position, indem er vernichtet, seine Feinde, seine Umwelt, notfalls auch sich selbst. Die Demütigung des Entrechteten und die Genugtuung des Siegers können in einen Kreislauf geraten. Der Geschundene muß hassen. Er kann den Haß loswerden, indem er den Schinder selbst schindet. Nun wird dieser wieder hassen und neuen Haß erzeugen. Wie kann das enden? Ich weiß es nicht.

Jedenfalls nicht durch die Verteufelung des Hasses. Wer den Haß wahrnimmt, darf das Unrecht nicht übersehen. Im Willen zum Nichts liegt unsere Bedrohung. Wenn die Psychoanalyse die soziale Realität weiterhin leugnet, wird sie den Ödipusmythos eines Tages auf ihre Weise fortsetzen müssen. Einmal auf den Weg der Selbsterforschung gebracht, wird sie gewahr werden, daß sie nicht nur den Vater ermordet hat, sondern sich auch mit der Mutter vermählt hat, die die Königin ist. Wenn sich die Psychoanalyse mit der politischen oder wissenschaftlichen Macht vermählt, um zu herrschen, wird sie blind, und sie wird sich wie Ödipus am Ende die Augen ausstechen. Wer aber haßt, sieht das Unrecht. Der Haß ist ein Notsignal des Gerechtigkeitsgefühls. Oder, um es individualpsychologisch zu sagen: Der Haß ist ein gellender Aufschrei des geschundenen und unerlösten Gemeinschaftsgefühls.

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Dr. phil. Karl Heinz Witte
Psychoanalytiker DGIP DGPT
In eigener Praxis und
Alfred Adler Institut München
St.-Anna-Platz 1
D - 80538 München